„Memories for life“, so lautete das Motto des Turniers und es sollte auch zu 100% so zutreffen. Vom 26.12. – 30.12. gingen 14 NHC-Mädels zusammen mit Ricarda, Alisa, Fabi und Sid auf Reisen nach Lund in Schweden in der Nähe von Malmö und berichten nun darüber.

Bereits in der Vorbereitung konnten wir an einem internationalen Turnier in Dänema teilnehmen, doch die Lundaspelen waren vom Ausmaß her nochmal eine ganz andere Nummer. Insgesamt nahmen 658 Teams mit knapp 8000 Spielerinnen und Spielern aus allen Altersklassen teil. Darunter waren 13 verschiedene Nationen, der Großteil davon aus Schweden, Deutschland und Dänemark. Allerdings waren auch sehr weit entfernte Gäste wie Indien oder Hong Kong mit von der Partie. Die Anreise erfolgte mit einem Reisebus gemeinsam mit zwei weiteren deutschen Teams, der Bezirksauswahl Offenbach-Hanau der männlichen D-Jugend sowie der Auswahl aus Wiesbaden/Frankfurt der männlichen C-Jugend. Organisiert wird das Turnier vom in Lund ansässigen Verein LUGI, der sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen in der 1. Schwedischen Liga spielt. Die Region in Südschweden ist von der Dichte her extrem hochkarätig besetzt im Vergleich zum Norden Schwedens. Ein Großteil der schwedischen Nationalspieler erlernt das Handballspielen hier in der Nähe. Hinzu kommt, dass auch weiter entferntere Handballakademien z.B. aus dem Raum Göteborg anreisen, sodass ein Großteil der schwedischen Elite beim Turnier aufläuft.

26.12.2022 – Die Eröffnungsfeier
Nach insgesamt 9 Stunden Anreise schafften wir es punktgenau um 20Uhr zu offiziellen Eröffnungsfeier. In der Sparbanken Skane Arena mit Platz für über 3000 Zuschauer gab es ein Schauspiel mit Live-Acts, Musik und vor allem dem Einlaufen und Vorstellen aller teilnehmenden Nationen. Glücklicherweise fand unser erstes Spiel am nächsten Tag erst gegen Abend statt, sodass das späte Schlafengehen verkraftet werden konnte.

27.12.2022 – Gruppenphase Tag 1
Northeimer HC – FC Burlafingen 16:10
IFK Malmö HF 1 – Northeimer HC 13:17

Unsere Gruppenphase wurde in Malmö ausgetragen. Im ersten Spiel stand uns der FC Burlafingen aus der bayrischen Landesliga gegenüber. Das ist die zweithöchste Spielklasse im Landesverband und Burlafingen belegt dort verlustpunktfrei den 1. Platz. Heiß wie Frittenfett starteten die Mädels in die Partie, Burlafingen hatte zunächst noch starke Probleme mit dem Kleber, konnte sich über die Partie aber steigern. Nach einer überragenden Anfangsphase stand es 9:2 für uns, was offenbar zu einem kompletten Spannungsabfall im gesamten Team führte. Burlafingen bekam immer mehr Oberwasser und kämpfte sich Tor um Tor bis zum 10:9 heran. Ein paar Feinjustierungen brachten dann aber die Wende, sodass das Spiel am Ende noch klar gewonnen werden konnte.
Im zweiten Spiel stand uns die ortsansässige erste Mannschaft der IFK Malmö HF gegenüber, die in der höchsten schwedischen Liga in der Altersklasse spielt. Auch hier begeisterten die Mädels Zuschauer und Trainer mit extrem disziplinierter Spielweise und bombensicherer Abwehr, sodass zur Halbzeit bereits ein 3:12 auf der Uhr stand. Die Führung wurde sogar noch durch Treffer von Marie und Rubi auf 10 Tore ausgebaut, ehe wieder die Spannung nachließ und man den Gegner mitspielen ließ. Allerdings war der Sieg zu keinem Zeitpunkt in Gefahr. Unterm Strich ein sehr gelungener erster Tag.

28.12.2022 – Gruppenphase Tag 2 oder die Erdung
Northeimer HC – TSG Oberursel 8:20
Ankaret 1 – Northeimer HC 10:12
AJAX Kopenhagen – Northeimer HC 17:13

Nachdem Tag 1 gefühlt wie am Schnürchen lief, war es nun auch mal an der Zeit wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden, um nicht die Erdung zu verlieren. Oberursel führt die hessische Südstaffel der zweigleisigen Oberliga verlustpunktfrei an und hat in den eigenen Reihen zwei DHB-Stützpunktspielerinnen mit einer Körpergröße von 1,90m, sodass der Blick nach oben oft sehr steil ausfiel, insbesondere für Lea. Die Gegner aus Hessen dominierten das gesamte Spiel nach Belieben, zu keiner Zeit hatten unsere Mädels auch nur den Hauch einer Chance. Das lag zum einen an der spielerischen und vor allem körperlichen Überlegenheit von Oberursel, aber auch an der eigenen Naivität und teilweise auch Ängstlichkeit. Auch eine Lektion, die man lernen muss und die wir auch lernten.
Im nächsten Spiel ging es gegen Ankaret aus Göteborg, eine Mannschaft, die uns tatsächlich körperlich mal unterlegen war, aber mit einem klaren Matchplan auf die Platte ging. Dieser Matchplan war zwar sehr durchsichtig doch trotzdem effektiv: Abräumen auf Rückraum Rechts und bloß nicht von Rechtsaußen werfen, unabhängig vom Winkel. Trotz intensiver taktischer Vorbereitung konnten die NHC-Mädels den Matchplan nur teilweise unterbinden. Zusätzlich stimmte die Angriffsleistung nicht mehr so wie in den letzten Spielen, sodass sich ein sehr enges Spiel entwickelte. Was aber stimmte war die Moral und die Torhüterleistung, Merle und Annika hielten absolut überragend, sodass der Gegner am Ende niedergerungen wurde.
Mit Platz 3 bereits sicher ging es ins letzte Spiel gegen den späteren Turniersieger, die Handballakademie aus Kopenhagen, die im Spiel vorher die TSG Oberursel sprichwörtlich mit 15 Toren Unterschied von der Platte gefegt hatte. Entsprechend groß war der Respekt, deshalb überlegten wir uns was Freches: In der Abwehr eine 3:3 Formation und im ersten Angriff direkt den Kempa. Was passierte: Kopenhagen verdaddelte sofort den ersten Ball und vorne netzte Cosima bundesligatauglich per Kempatrick ein. Das zeigte insgesamt Wirkung, Kopenhagen hatte unfassbare Probleme gegen die sehr offene Deckung und machte viele technische Fehler. Ein Sonderlob gab es vom gegnerischen Trainer, der sich von der Abwehr beeindruckt zeigte. Trotzdem waren die Gegner am Ende eine Nummer zu groß, sowohl körperlich als auch technisch war das wohl das Beste, was das Turnier zu bieten hatte. Zusätzlich konterte Kopenhagen die 3:3 Deckung mit dem 7. Feldspieler, was in Deutschland in der B-Jugend noch nicht erlaubt ist, in Schweden schon, sodass wir die Abwehr umstellen mussten.

Platz 3 bedeutete nun die Teilnahme am B-Turnier, wobei wir das Sechszehntelfinale überspringen durften. Im A-Turnier, an dem nur die ersten beiden jeder Gruppe teilnehmen, wäre sicherlich auch die eine oder andere schlagbare Mannschaft gewesen, je nach Zuordnung hätte aber auch direkt in der 1. Runde gegen einen starken Gegner Ende sein können.

29.12.2022 – Die B-Playoffs
Achtelfinale Northeimer HC – Stavsten HK 16:9
Viertelfinale Northeimer HC – Sävehof 2 17:11
Halbfinale HT München – Northeimer HC 9:18

Einen weiteren Pluspunkt, den das Turnier sammelt, ist die hohe Qualität der teilnehmenden Mannschaften. Trotz der B-Playoffs, an der „nur“ Platz 3-6 aus der Gruppenphase teilnehmen, waren hier jede Menge hochklassige Mannschaften vertreten. HK Stavsten spielt in der höchstmöglichen Spielklasse in der Region Südschweden, Sävehof ist die Topadresse für Schwedens weibliche Handballer im ganzen Land und mit der HT München kam der aktuell 9. aus der eingleisigen bayrischen Oberliga. Dass die Playoffspiele bis hierhin dann so deutlich verliefen, darf dann der unfassbaren Leistung der Mädels zugeschrieben werden. In jedem Spiel konnten wir von Anfang an eine deutliche Führung herausspielen und diese bis zum Schlusspfiff souverän verteidigen oder sogar ausbauen. Hinten räumten Aliyah und Juli alles ab, was Gefahr lief durch die Abwehr zu brechen. Unabhängig von der Konstellation auf dem Feld, wurde konzentriert weitergespielt. Dabei zeigten sich auch Spielerinnen von eher ungewohnten Positionen: Esther machten einen super Job mit einigen Toren von Linksaußen, Leyla zeigte mustergültig, wie man eine rote Karte herausholt, Gebbi glänzte als 7m-Schützin und Annika zeigte nach einer Gegenstoßparade der Gegenspielerin wie man ein Sprintduell gewinnt. Josi steigerte sich von Spiel zu Spiel und setzte weitere Akzente. Auch Sids Kopfschmerzen, die ihn zwischenzeitlich vollkommen außer Gefecht setzten, konnten überwunden werden (auch dank IBU 1600). Der Lohn für diese Leistung war dann das B-Finale am nächsten Tag.

30.12.2022 – Das Finale oder die Krönung
Lundagard – Northeimer HC 15:18

Das Finale sollte nun eine Erfahrung werden, die dem Motto der Lundarspelen „Memories for life“ mehr als nur gerecht wird. Spannung bis zum Schluss, viele Emotionen, spielerische Wendungen, alles war in diesem Spiel gegeben. Ein absolutes Highlight war auch der Hallensprecher, der jede Spielerin vorstellte und auch das Spiel kommentierte (und auch endgültig die richtige Ausprache von „Leyla“ klarstellte). Lundagard spielt ebenfalls in der höchsten Spielklasse und ist zusätzlich noch eine Mannschaft direkt aus Lund, dem Finalspielort. Dementsprechend war auch eine Heimkulisse vorhanden, die ihre Mannschaft kräftig anfeuerte. Hinzu kommt, dass alle Spielerinnen die Tage zu Hause schlafen konnten, wohingegen wir auf engstem Raum in einem Klassenzimmer unterkamen.
Und das sollten wir direkt zu spüren bekommen: Lundagard kam viel besser in die Partie und war auch nach der Gruppenphase unser mit Abstand stärkster Gegner. Von jeder Position ging Torgefahr aus, die Angriffe wurde mit hoher Disziplin vorgetragen und wir damit regelmäßig abgeräumt. Insbesondere das Kreisläuferspiel bekamen wir gar nicht in den Griff. Es fehlte nicht viel, Lundagard war einfach in den Situationen 20cm vor uns, konnte jeweils einen halben Schritt mehr gehen und wirkte deutlich ausgeruhter. Allerdings funktionierte das Angriffsspiel über die rechte Seite ziemlich gut, Jule konnte sich mehrfach super im 1gg1 durchsetzen oder Zappel auf Rechtsaußen in Szene setzen, die in diesem wichtigen Spiel keine Nerven zeigte. Nach einer Halbzeit von 10:7 stand es 10 Minuten vor Schluss 13:9 für Lundagard, eine Wendung war nicht in Sicht, zu selbstbewusst trat die Heimmannschaft, angefeuert vom Publikum auf.

Nun kam unsere Geheimwaffe zum Einsatz – die 3:3 Deckung. Und die Wirkung, mit der diese einschlug, war einfach nur unglaublich. Lundagard gelangen ab sofort nur noch 2 Treffer, der Angriff verlor seine Magie vollständig. Vollkommen überfordert reihte sich ein Ballverlust an den nächsten. Cosima, in Schweden bekannt als „Cosima Schulze“, gelangen mehrfache Steals, teils einhändig in der Abwehr. Vorne knallten Baller-Schirmchen und Lea ein Ding nach dem anderen ins Netz. Spätestens beim Ausgleich zum 13:13 war das Momentum der Partie komplett gekippt, die heimischen Fans wurden leiser und guckten etwas ungläubig, die gegnerische Mannschaft wirkte maximal verunsichert. Angetrieben von der jetzt richtig lauten eigenen Bank und dem Glauben, hier tatsächlich den Pokal holen zu können, schwammen die Mädels auf dieser Welle von Euphorie zum Finalsieg, die Party war perfekt. Nach bereits 3 Tagen vorher mit intensivem Handball noch so eine Energieleistung in den letzten 10 Minuten abzurufen, zeugt einfach von einer unfassbaren Teammoral. Momente wie diese werden wohl lebenslang in Erinnerung bleiben.